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Andrea Solari

Maler
geb. ca. 1470



Mailand
(Vater: Bertola Solari aus Carona;
Brüder: Cristoforo; Alberto)
°° Angela Confalonieri
gest. ca.1524 Mailand
Giovanni Bellini

Giovanni Bellini,
Selbstportrait,
Kapitolinische Museen,
Rom

Andrea Solari war ein besonders in Italien und Frankreich hoch geschätzter Maler von Portraits. Dabei scheinen die dargestellten Persönlichkeiten aus der weiten Landschaft im Hintergrund herauszutreten und in Großaufnahme lebendig vor uns zu stehen. Auch auf seinen Bildern mit religiösen Themen spielt der Gesichtsausdruck die Hauptrolle.

Da kein Bildnis von Andrea Solari überliefert ist, sehen Sie oben das Portrait seines ersten Lehrers, Giovanni Bellini (1437 - 1516).

Herkunft
Andrea Solari hatte das Glück, in eine Künstlerfamilie mit hervorragenden Kontakten hineingeboren zu werden. Sowohl sein Großvater als auch seine beiden Onkel waren Architekten am Hof der Herzöge von Mailand, sein Cousin zweiten Grades Pietro Antonio Solari erbaute die Mauern und Türme des Moskauer Kremls (siehe dessen Biographie und den Stammbaum der Familie auf dieser Webseite), und sein Zwillingsbruder Cristoforo schuf das Grabmal für den Herzog von Mailand Ludovico Sforza (gest. 1508) und dessen Gattin Beatrice d'Este (gest. 1497).

Grabmal für Ludovico Moro und Beatrice d'Este in der Kartause von Pavia (I)

Cristoforo Solari, Grabmal für Ludovico Moro und Beatrice d'Este in der Kartause von Pavia (I), ca. 1509

Ausbildung in Venedig, ca. 1490 - 1495
Andrea Solari gilt als Schüler von Giovanni Bellini (ca. 1437 - 1516), der zusammen mit seinem Vater Jacopo und seinem Bruder Gentile Bellini in Venedig eine große Werkstatt betrieb und sich besonders der Portraitmalerei widmete.

Von Bellini übernahm Solari nicht nur die Art der Darstellung, nämlich als Brustbild im Schrägprofil und mit einer im Hintergrund angedeuteten Landschaft, sondern auch eine neue Malweise. Denn Bellini war einer der ersten italienischen Künstler, die sich eine in den Niederlanden entwickelte Technik aneigneten: Ölfarben und Eitempera, auf Holzplatten aufgetragen, erlaubten zartere Farbtöne und verliehen den Bildern mehr Wärme und Leuchtkraft.

Solaris erste Portraits heben sich noch streng vom dunklen Hintergrund ab, ganz im Sinne von Antonello da Messina (ca. 1430 - 1479), den er sehr bewunderte.

Bildnis eines jungen Mannes

Andrea Solari,
Bildnis eines jungen Mannes,
1490
Museo Thyssen-Bornemisza,
Madrid

Dann aber beginnt er, Landschaften einzufügen.

Mann mit rosa Nelke, Portrait von Andrea Solari

Andrea Solari,
Mann mit rosa Nelke,
ca. 1495,
Öl und Eitempera auf Pappelholz,
Nationalgalerie, London

Aufgrund der roten Robe mit dem schwarzen Band über der Schulter und der Art der Kopfbedeckung dürfte es sich um ein Mitglied des Rates der Zehn (Consiglio dei Dieci) handeln. Dieses jährlich neu vom Großen Rat von Venedig unter dem Vorsitz des Dogen gewählte Gremium war für die Staatssicherheit zuständig und hatte weitreichende Vollmachten. Seine Hände auf fast gleicher Höhe - die rechte mit der rosa Nelke als Zeichen einer Verlobung und die linke, die das schwarze Band als Symbol der politischen Stellung umklammert, - verleihen ihm eine Aura von Stabilität und Zuverlässigkeit.

Mailand 1496 - 1506
Ein weiterer Lehrer Solaris war Leonardi da Vinci (1452 - 1519), in dessen Werkstatt er ab 1496 in Mailand arbeitete. Von ihm lernte er die zarten Farbübergänge, die weiche Modellierung der Gesichtszüge und die Kunst, Gefühle wiederzugeben.

Die Dame mit dem Hermelin

Leonardo da Vinci,
Die Dame mit dem Hermelin,
ca. 1483 - 1490,
Sammlung Czartoryski,
Nationalmuseum Krakau (PL)

1499 übernahm Frankreich unter König Ludwig XII. die Herrschaft in der Lombardei. Für Andrea Solari war es ein Glücksfall, dass der französische Gouverneur von Mailand, Charles d'Amboise de Chaumont (1473 - 1511), ein großer Verehrer von Leonardo da Vinci war. In dessen Auftrag schuf da Vinci u.a. die berühmt gewordenen Gemälde Madonna in der Felsengrotte und Maria mit dem Jesusknaben und der Hl. Anna (Anna selbdritt), beide im Louvre, Paris.

Porträt des französischen Gouverneurs in Mailand

Andrea Solari,
Porträt des französischen
Gouverneurs in Mailand,

Charles d'Amboise
de Chaumont,
um 1507
Kopie des verlorenen Originals,
Louvre, Paris

Solari malte den Gouverneur in kostbaren Gewändern mit Pelzbesatz, einer Samtmütze und der Kette des Ordre de Saint-Michel, eines von König Ludwig XI. in Amboise gegründeten Ritterordens. Der Anhänger zeigt den Erzengel Michael und die Plakette an der Mütze den griechischen Helden Herakles, der die ritterlichen Tugenden symbolisiert.

Zwischenspiel in Frankreich, 1507 - 1509
Eigentlich hatte Charles d'Amboise geplant, Leonardo da Vinci in die Normandie einzuladen, um im Schloß seines Onkels Georges d'Amboise, Kardinal von Rouen, die Kapelle auszumalen. Aber da Vinci lehnte ab und empfahl seinen Meisterschüler. So begab sich Andrea Solari im August 1507 ins Schloss Gaillon, das gerade mit viel Aufwand im Renaissance-Stil ausgebaut wurde.

Schloss Gaillon in der Normandie

Schloss Gaillon in der Normandie,
1576
Aus: Jean-Pierre Babelon:
Châteaux de France au siècle
de la Renaissance
,
Flammarion, Paris 1989

Unter anderen fertigten die - miteinander verwandten - Tessiner Bildhauer Agostino Solari, Antonio della Porta und Pace Gaggini 1506 in Genua einen monumentalen Brunnen mit Figuren aus Carrara-Marmor, der auf dem obigen Stich im Innenhof zu sehen ist.

Andrea Solari erhielt den Auftrag, die Kapelle auszuschmücken und Bilder für das Schloss zu malen. Leider gingen fast alle seine dort geschaffenen Werke verloren, denn Gaillon wurde in den Wirren der Revolution 1793 geplündert und größtenteils zerstört. Eines seiner wenigen erhaltenen Bilder ist Die Madonna mit dem grünen Kissen, die als La Vierge au coussin vert im Louvre ausgestellt ist.

Madonna mit dem grünen Kissen

Andrea Solari, Madonna mit dem grünen Kissen, ca. 1507, Louvre, Paris

Die intime familiäre Szene spielt sich vor einer Landschaft ab, die gegenüber den früheren Bildern Solaris wesentlich naturgetreuer dargestellt ist. Rechts oben sieht man ein Schloss, wahrscheinlich Gaillon, und der Fluß links wäre dementsprechend die Seine. Das rechts unten mit Andreas de Solario FE signierte Gemälde befand sich seit 1742 in der Sammlung König Ludwigs XV.

Mailand und Pavia, 1510 - 1524
Nach der Rückkehr aus Frankreich schuf Solari zahlreiche Bilder religiösen Inhalts. So existieren verschiedene Versionen der Verspottung des gefesselten Jesus mit der Dornenkrone. Gemäß dem Johannes-Evangelium zeigt der römische Statthalter Pontius Pilatus auf den gefolterten Jesus mit den Worten: Seht diesen Menschen (lat. ecce homo) und beteuert, dass er keine Schuld an ihm finden könne.

Andrea Solari, Ecce Homo, 1505-1506,

Andrea Solari,
Ecce Homo,
1505 - 1506,
Museo Poldi Pezzoli,
Mailand (I)

Ein ähnliches Motiv gestaltete Andreas Zwillingsbruder Cristoforo Solari als Skulptur.

Der tote Christus, ca. 1500

Cristoforo Solari,
Der tote Christus, ca. 1500,
The Dayton Art Institute,
Dayton, Ohio (USA)

Eines von Solaris letzten Bildern zeigt Maria Magdalena (Maria von Magdala), die das Öl zur Salbung des toten Christus vorbereitet.

Maria Magdalena, ca. 1524

Andrea Solari, Maria Magdalena, ca. 1524, Walters Art Museum, Baltimore (USA)

Links sieht man die Aufschrift: PIST. Sie könnte ein Hinweis auf Pistis Sophia (Glaube und Weisheit) sein, ein Evangelium der koptischen Kirche aus dem 3. Jahrhundert, in dem Maria Magdalena eine wichtige Stellung unter den Jüngern Jesu einnimmt.

Die letzten vier Jahre war Solari in der Kartause von Pavia beschäftigt. Ein großes dreiteiliges Altarbild mit der Himmelfahrt Mariens (Assunta) blieb unvollendet. Er starb ca. 1524 in Mailand.

Literatur

Links


© U. Stevens 2014 / 2015

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