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Giovanni Pietro de Pomis

Giovanni Pietro de Pomis
Maler, Medailleur, Architekt

geb. 1569


Brusino Arsizio, Schweiz oder Lodi, Italien
(Vater oder Onkel: Pietro)
°° 1595 Anna Judith Demoyen
gest. 6.3.1633 Graz, Österreich

Selbstbildnis des Giovanni Pietro de Pomis, Medaille, 1624, Britisches Museum, London
Aus: Kurt Woisetschläger, Der innerösterreichische Hofkünstler Giovanni Pietro de Pomis 1569-1633

Giovanni Pietro de Pomis war ein ungewöhnlich vielseitiger Künstler, der nicht nur als Maler, Zeichner und Medailleur hervorragende Werke schuf, sondern sich auch als Architekt und Festungsingenieur einen Namen machte. Seine Auftraggeber waren der Erzherzog Ferdinand von Tirol (1529-1595) aus dem Hause Habsburg und dessen Neffe Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich (1578-1637), der 1619 als Kaiser Ferdinand II. den Thron bestieg.

Die verschiedenen Facetten der Tätigkeit dieses Universalkünstlers werden nachfolgend anhand einiger Beispiele seiner Werke kurz skizziert.

Familie und Ausbildung

Giovanni Pietro de Pomis, nachfolgend kurz Pietro genannt, stammte aus der noch heute existierenden Familie Poma, die in den Kirchenbüchern als de Pomis aufgeführt ist. Zwischen 1500 und 1560 arbeiteten in Rom: Giacomo, Gabriele und Cristoforo de Pomis da Brusino (Quelle: A. Crivelli, Artisti ticinesi nel mondo, 1966-1971). Ein Verwandter - Vater oder Onkel? - namens Pietro de Poma aus Brusino Arsizio ist 1588-1595 als Waffenschmied im Dienst des Erzherzogs Ferdinand von Tirol in Innsbruck und auch in Graz dokumentiert.

Da sich unser Pietro als pictor laudensis – Maler aus Lodi bezeichnet, könnte es sein, dass er dort, ca. 30 km südöstlich vom Mailand, aufgewachsen ist. In Lodi gab es damals eine berühmte Malerschule, an der er wohl seine erste Ausbildung als Zeichner und Maler erhielt. Vermutlich machte er dann in Venedig eine Lehre in der Werkstatt der Maler Jacopo Tintoretto (1518-1594) und dessen Sohn Domenico. Als Indiz dafür wird die Tatsache angeführt, dass Pietro bereits 1594 Domenico Tintorettos Gemälde Himmelfahrt Mariens von Venedig nach Graz brachte. Es ist heute in der Stadtpfarrkirche zu sehen.

Im Dienst der Habsburger

1589 berief Erzherzog Ferdinand von Tirol den erst 20-jährigen Giovanni Pietro de Pomis als Maler an seinen Hof in Innsbruck, vielleicht über den erwähnten Waffenschmied Pietro de Poma. Da Ferdinand nicht nur eine wertvolle Waffen- und Harnisch-Sammlung, sondern auch eine Kunst- und Wunderkammer auf Schloss Ambras besass, wurde Pietro bald auch als Kunstagent für ihn tätig und handelte mit Sammlerstücken und Edelsteinen.

Nach dem Tod Erzherzog Ferdinands von Tirol wurde Pietro 1597 an den Hof des Erzherzogs Ferdinand von Innerösterreich geholt. Innerösterreich mit der Hauptstadt Graz umfasste damals die heutigen österreichischen Bundesländer Steiermark und Kärnten sowie Teile von Slowenien, Ungarn, Kroatien und Italien.

Stadtansicht Graz, Kupferstich,

Georg Matthäus Vischer, Stadtansicht Graz, Kupferstich, 1681

Treibende Kraft hinter der Anstellung Pietros war Maria von Bayern, die Mutter des erst 19jährigen Ferdinand von Innerösterreich, eine leidenschaftliche Sammlerin von Preziosen.

Wesentliche Impulse für seine künftige Tätigkeit erfuhr Pietro während Hofreisen nach Spanien und Italien (Venedig, Loreto, Rom, Florenz und Mailand), auf denen er Gelegenheit hatte, Beziehungen zu einflussreichen Persönlichkeiten der Grazer Gesellschaft zu knüpfen. Darunter war auch sein späterer Gönner, der Reichsfürst Hans Ulrich von Eggenberg.

Pietro de Pomis als Maler

Während an den Kaiserhöfen Wien und Prag sogenannte Hofmaler wirkten, gab es in Graz einen solchen Posten erst seit der Berufung von Pietro de Pomis im Jahre 1597. Dieser hatte sich bereits während seines Aufenthaltes in Innsbruck der Malerei zugewandt. Sein Gemälde des Erzherzogs Ferdinand von Tirol (1529-1595) auf dem Totenbett trug sicher dazu bei, ihn in höfischen Kreisen bekannt zu machen.

Pietro de Pomis, Erzherzog Ferdinand von Tirol auf dem Totenbett

Pietro de Pomis,
Erzherzog Ferdinand von Tirol
auf dem Totenbett, 1595,
Schloss Ambras, Innsbruck

Ein Grund für die Anstellung katholischer, vorzugsweise in Italien ausgebildeter Künstler war die Gegenreformation, der sich die Habsburger besonders nach dem Konzil von Trient (1545-1563) verpflichtet fühlten, um dem Einfluss der Anhänger Martin Luthers entgegenzuwirken. Denn damals waren zwei Drittel der Einwohner Steiermarks Protestanten, sodass das Volk spottete, sonntags gehe niemand mehr zur Kommunion außer der Erzherzog mit seinem Gefolge und der Scharfrichter. Im Jahre 1600 ergriff Ferdinand drastische Massnahmen: alle protestantischen Schulen und Kirchen wurden zerstört und deren Schriften verbrannt. Wer nicht öffentlich dem lutherischen Glauben abschwor, musste das Land verlassen, darunter auch der berühmte Wissenschaftler Johannes Kepler. Später betraf dies nicht nur Bürger und Bauern sondern auch den Adel. Von den geflüchteten Adeligen wurde der Besitz konfisziert und unter den Gefolgsleuten Ferdinands aufgeteilt. Viele konvertierten um ihrer Karriere willen, wie zum Beispiel der erwähnte Hans Ulrich von Eggenberg.

Altarbilder
Ein Hofmaler unter Ferdinand musste also in erster Linie Propagandist des wahren katholischen Glaubens sein. Pietro erfüllte diese Anforderungen mit mehreren Altarbildern, die er in eine untere, irdische und eine obere, himmlische Hälfte aufteilte, wie es auch für Tintoretto und andere venezianische Maler charakteristisch war. Ein Beispiel dafür ist Die Apotheose der Gegenreformation in der 1602 erbauten Antonius-Kirche. An eben dieser Stelle hatte Ferdinand zwei Jahre zuvor 10.000 ketzerische Bücher verbrennen lassen, was einer Kriegserklärung an die Protestanten gleichkam.

Apotheose der Gegenreformation, 1602

Pietro de Pomis,
Apotheose der Gegenreformation,
1602, Antonius-Kirche, Graz

Rechts unten sehen Sie den Stifter des Bildes, Ferdinand, der sich direkt an den Betrachter wendet und auf ein lateinisches Spruchband deutet: Ergreife Waffen und Schild und erhebe dich, mir zu helfen. Märtyrer, Heilige, Ordensgründer und Kirchenväter blicken zu Christus auf, der segnend über allem schwebt. Links oben hält die Hl. Katharina von Alexandria ihre schützende Hand über die Stadt Graz.

Noch deutlicher wird das aktive Eingreifen des Landesfürsten in den Glaubenskrieg auf dem Gemälde Allegorie des Erzherzogs Ferdinand als Gegenreformator. Mit Waage und Schwert tritt er als Verteidiger des wahren Glaubens auf, links unterstützt von der Göttin der Weisheit, Minerva, und rechts von der Göttin der Wahrheit, Veritas, die der Häresie die Maske vom Gesicht reisst. Gehalten wird sie von ihrem Vater, dem bärtigen Gott der Zeit, Kronos.

Allegorie des Erzherzogs Ferdinand als Gegenreformator

Giovanni Pietro de Pomis, Allegorie des Erzherzogs Ferdinand als Gegenreformator, 1614,
Alte Galerie Universalmuseum Joanneum, Graz

Haben Sie die Ohren auf den Waagschalen bemerkt? Sie nehmen auf einen Brief des Hl. Paulus Bezug, in dem er vor falschen Propheten, den Ohrenbläsern warnt.

Ein Zentralthema der gegenreformatorischen Bilder war die Lobpreisung der Gottesmutter als Hüterin des Glaubens, war doch die Marienverehrung ein wesentlicher Unterschied zum Protestantismus. Maria war auch die Schutzpatronin der Habsburger: Pilgerreisen nach Italien zum Wallfahrtsort Loreto und der Bau von Loretokapellen wurden bald in allen Ländern des Habsburger Reiches populär.

Auch Pietro de Pomis schuf zu diesem Thema ein Gemälde für den Hauptaltar der Kirche Mariahilf in Graz, das sogenannte Mariahilfer Gnadenbild.

Bildnis wohl des Franz Anton Bagnato

Giovanni Pietro de Pomis,
Mariahilfer Gnadenbild,
1611,
Altarbild in der Kirche Mariahilf,
Graz

Rechts in der Mitte sehen Sie die Hl. Elisabeth von Thüringen als Fürbitterin der Armen und Kranken. In ihrem Gesicht verewigte Pietro die Gattin Ferdinands, Maria Anna, die für ihre Wohltätigkeit im Volk sehr beliebt war. Rechts von Elisabeth ist wahrscheinlich ihre Großnichte, die ebenfalls als Heilige verehrte Dominikanerin Elisabeth von Ungarn, dargestellt.

Die Kirche Mariahilf wurde zu einer berühmten Wallfahrtsstätte. Das Gemälde mit der auf einer Wolke thronenden Madonna wurde häufig kopiert und ist als Fresko oder Bildstock an vielen Häusern in der Steiermark zu sehen. Eine Legende erzählt, dass zur angeblichen Wundertätigkeit des Bildes Pietro selbst beitrug: Als er während seiner Arbeit am Gemälde den Preis dafür erhöhen wollte, erwachte er eines Tages blind. Erst nachdem er gelobte, das Bild dem Kloster zu schenken, erlangte er das Augenlicht wieder.

Eine wichtige Rolle bei der Rekatholisierung des Landes spielte der Jesuitenorden, der ab 1573 eine Schule und die 1585 gegründete Grazer Universität leitete.

Jesuitenkolleg, erbaut ab 1572 von Vincenzo Verda aus Gandria

Jesuitenkolleg,
erbaut ab 1572
von Vincenzo Verda
aus Gandria,
und die alte Universität,
rechts, erbaut ab 1607
von Pietro Valnegro
aus dem Val d'Intelvi (I),
Kupferstich, 1700

Aus: J. Macher,
Graecium inclyti ducatus
Styriae metropolis
toporaphice descriptum

Ein für die Gegenreformation wichtiges Gemälde ist daher die Vision des Gründers des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola. Die im Gegensatz zu Ignatius lebendig wirkende, bewegte Christusfigur scheint fast aus dem Bild herauszutreten und trägt - ebenso wie der darüber schwebende Engel - bereits barocke Züge.

Christusvision des Ignatius von Loyola

Giovanni Pietro de Pomis,
Christusvision
des Ignatius von Loyola,
um 1618, Grazer Dom

Porträts
Als Hofmaler hatte Pietro de Pomis auch die Aufgabe, den Landesherrn als idealen Herrscher zu portraitieren. In diesem Gemälde gelang es ihm, die Persönlichkeit Ferdinands lebendig werden zu lassen, mit strengen Gesichtszügen und nachdenklich blickenden Augen.

Ganzfigurenporträt von Ferdinand II., 1614

Giovanni Pietro de Pomis,
Ganzfigurenporträt
von Ferdinand II.,
1614, (Ausschnitt),
Schloss Herberstein (A)

Erzherzog Ferdinand spielte die Hauptrolle während der Gegenreformation in Europa, die zum Ausbruch des 30jährigen Krieges 1618-1648 führte. Seine fanatische Gläubigkeit ist wohl auf die streng katholische Erziehung durch seine Mutter, seine Ausbildung bei den Jesuiten in Ingolstadt und den Einfluss seiner Beichtväter zurückzuführen. Hartnäckig berief er sich daher auf die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555, nach denen der jeweilige Regent die Glaubenszugehörigkeit der Untertanen festlegte. (Cuius regio, eius religio - wessen Gebiet, dessen Religion, oder im Volksmund: wes der Fürst, des der Glaub).

Von Ferdinands erster Gattin Maria Anna von Bayern gibt es ebenfalls ein Ganzfigurenporträt im Schloss Herberstein, das wir leider nur als Schwarz-Weiß-Foto zeigen können.

Maria Anna von Bayern, Ganzfigurenporträt, 1614

Giovanni Pietro de Pomis,
Maria Anna von Bayern,
Ganzfigurenporträt,
1614, Schloss Herberstein (A)

Aus: Kurt Woisetschläger,
Der innerösterreichische Hofkünstler
Giovanni Pietro de Pomis
1569-1633

In den Porträts von Ferdinand und Maria Anna gab Pietro wahrheitsgetreu Missbildungen am Unterkiefer respektive an den Lippen wieder, bekannt als Habsburger-Lippe. Sie sind Folgen einer starken Inzucht unter den Habsburgern durch Heiraten aus politischem Kalkül. So waren z.B. die Eltern Ferdinands Onkel und Nichte. Er selbst, ein Enkel Kaiser Ferdinands I., war mit einer Cousine verheiratet.

Als Porträtmaler war Pietro auch außerhalb des Hofes begehrt. Ein Beispiel dafür ist das Bildnis des Reichsfürsten Hans Ulrich von Eggenberg (1568-1634), der als Politiker Karriere machte und zum wichtigsten Financier des Kaisers wurde.

Porträt des Hans Ulrich von Eggenberg, nach 1625

Giovanni Pietro de Pomis,
Porträt des Hans Ulrich
von Eggenberg, nach 1625,
(Ausschnitt),
Schloss Eggenberg, Graz

1620 gründete Pietro in Graz die Malerkonfraternität, deren Statuten den Schutz der einheimischen Maler vorsahen. Sie existierte bis ins 18. Jahrhundert.

Pietro de Pomis als Zeichner

Von Pietros Handzeichnungen bzw. Skizzen sind zur Zeit nur sechs bekannt. Ihr Stil und ihre Formensprache lassen vermuten, dass er sich an Werken von Paolo Veronese und Peter Paul Rubens geschult hat.

Diese Szene soll an die Hochzeit zwischen Ferdinands Schwester Margarete von Österreich und König Philipp III. von Spanien erinnern, die 1589 in Ferrara (I) stattfand.

Die Hochzeit, Federzeichnung braun laviert, um 1603

Giovanni Pietro de Pomis,
Die Hochzeit,
Federzeichnung braun laviert,
um 1603,
Alte Galerie am
Universalmuseum Joanneum, Graz

Aus: Kurt Woisetschläger,
Der innerösterreichische Hofkünstler
Giovanni Pietro de Pomis
1569-1633

Anlässlich dieses Ereignisses, zu dem Pietro die Mutter der Braut begleitete, verlieh ihm der Papst den Orden vom Goldenen Sporn. Das Malteserkreuz mit angehängtem Sporn, das Sie auf Pietros Selbstbildnis zu Beginn der Biografie sehen, ist Teil dieses päpstlichen Ordens für Verdienste um die katholische Kirche.

Pietro de Pomis als Medailleur

Die Herstellung von Bildnissen in Form von Medaillen geht auf Kaiser Maximilian I. (1459-1519) zurück und wurde bei seinen Nachfolgern und darüber hinaus bei Adel und Bürgertum immer beliebter. An den Habsburger Höfen in Prag, Wien, Innsbruck und Graz entstanden Werkstätten, die Bildnismedaillen aus verschiedenen Metallen prägten.

Von Pietros auch geschichtlich sehr interessanten Medaillen sind 41 erhalten. Er arbeitete mit Wachsmodeln anstatt der sonst üblichen Holzmodel und erreichte damit eine hohe zeichnerische Freiheit. Als Vorbilder dienten ihm die Münzen und Medaillen, die Ferdinands Vater gesammelt hatte und die von bedeutenden Künstlern stammten, darunter Antonio und Alessandro Abondio aus Ascona (CH).

Hier verherrlicht Pietro de Pomis den Sieg Ferdinands über die Protestanten am Weißen Berg bei Prag im Jahre 1620. Die Siegesgöttin Victoria setzt ihren Fuß auf den unterlegenen protestantischen böhmischen König, Herzog Friedrich von der Pfalz. Die Inschrift am Rand besagt: Dextera Domini fecit virtutem - Die Hand des Herrn zeigte seine Stärke aus Psalm 117:16.

Die Schlacht am Weissen Berg, Medaille, 1622

Giovanni Pietro de Pomis,
Die Schlacht am Weissen Berg,
Medaille, 1622,
Národní Museum, Prag (CZ)

Eine eigene Erfindung Pietros sind die Grundsteinmedaillen, die aus Anlass der von Ferdinand gegründeten Klöster, Kirchen und anderen Gebäuden gegossen wurden. Auf ihnen sind die Büsten des Gründerpaars erstmals nebeneinander auf der einen Seite und das entsprechende Bauwerk auf der anderen Seite der Medaille dargestellt.

Grundsteinmedaille zur Errichtung des Mausoleums in Graz, 1615

Giovanni Pietro de Pomis,
Grundsteinmedaille
zur Errichtung
des Mausoleums in Graz,
1615

Doppelbrustbild von Erzherzog
Ferdinand und Erzherzogin
Anna Maria von Bayern
sowie Modell des Mausoleums,
Alte Galerie am Universalmuseum
Joanneum, Graz

Aus: Kurt Woisetschläger, Der innerösterreichische Hofkünstler Giovanni Pietro de Pomis 1569-1633

Interessant ist, dass wir darauf den ursprünglichen Entwurf der Kirchenfront sehen, bevor Pietro nach seiner Rückkehr aus Italien die Fassade änderte.

Pietro de Pomis als Architekt

Auf diesem Gebiet war Pietro Autodidakt. Aber er wurde von Erzherzog Ferdinand ermuntert, der gesagt haben soll: Wenn Er so gut malen kann, wird Er auch gut bauen können.

Pietro brachte, wie schon andere Architekten vor ihm, italienisches Flair in die Stadt. Zum Beispiel hatte um 1550 Domenico dell'Allio aus Scaria im Val d'Intelvi (I) in Graz gearbeitet, der die Festung am Schloßberg ausbaute und das berühmte Landhaus im Renaissance-Stil errichtete (siehe seine Biografie auf dieser Webseite).

Kirche Mariahilf in Graz
1607 wagte sich Pietro an den Entwurf einer Kirche für das soeben gegründete Franziskaner-Minoritenkloster, dessen Stifter Ferdinand und seine Frau Maria Anna sowie Hans Ulrich von Eggenberg waren. Allerdings sieht die Kirche heute etwas anders aus, denn sie hatte ursprünglich keine Türme, die erst später hinzugefügt wurden.

Kirche Mariahilf in Graz, 1607-1636

Giovanni Pietro de Pomis,
Kirche Mariahilf in Graz,
1607-1636,
Umbau durch Joseph
Hueber 1705-1765

Wenn wir uns aber die Türme wegdenken, fällt die Ähnlichkeit mit einer Kirche in Venedig auf, San Giorgio Maggiore, entworfen vom berühmten Renaissance-Architekten Andrea Palladio (1508-1580). Als Pietro sie 1610 sah, war die Fassade eben erst vollendet worden.

Basilika San Giorgio Maggiore in Venedig, entworfen von Andrea Palladio

Basilika San Giorgio Maggiore
in Venedig, entworfen
von Andrea Palladio,
Fassade vollendet 1610

Hans Ulrich von Eggenberg ließ in der Mariahilfer Kirche eine Grabkapelle für seine Familie einrichten. Pietro de Pomis selbst fand in einer Gruft vor dem Hauptaltar seine letzte Ruhestätte.

Das Mausoleum von Ehrenhausen, Steiermark
Lange Zeit galt dieses Mausoleum, rund 50 km südlich von Graz gelegen, als Werk des Architekten Johann Walder. Forschungen haben jedoch gezeigt, dass das Modell dazu von Pietro de Pomis stammte. Auftraggeber war der General Freiherr Ruprecht von Eggenberg (1546-1611). Der Bau wurde zwar 1609 begonnen, jedoch wegen Erbstreitigkeiten erst 1693 vollendet.

Mausoleum von Ehrenhausen

Mausoleum von Ehrenhausen,
errichtet von Johann Walder
nach einem Entwurf
von Pietro de Pomis,
1609-1693

Die neun Meter großen kriegerischen Figuren neben der Hauptfassade sollen an die Verdienste des Verstorbenen im Kampf gegen die Türken erinnern und wurden 1682-1688 vom Grazer Bildhauer Joseph Marx geschaffen. An den Sockeln der Figuren kann man Reste von Darstellungen der Seeschlacht von Lepanto 1571 und der Schlacht von Sissek 1593 gegen die Türken erkennen.

Schloss Eggenberg in Graz
Ein großes Glück für Pietro war die Rückkehr seines Gönners Fürst Hans Ulrich von Eggenberg vom Wiener Hof nach Graz. Als Hans Ulrich 1625 zum Statthalter von Innerösterreich mit Sitz in Graz ernannt wurde, ließ er den mittelalterlichen Stammsitz der Familie nahe der Stadt in eine prunkvolle Residenz umbauen. Er beauftragte seinen alten Bekannten Pietro, der inzwischen zum wichtigsten Künstler am Hof aufgestiegenen war, mit der Planung des Umbaus.

Schlosss Eggenberg in Graz, Hauptfassade

Giovanni Pietro de Pomis,
Schlosss Eggenberg in Graz,
Hauptfassade,
1625-1636

Auf ihrer gemeinsamen Reise nach Madrid dürfte der größte Renaissancebau der Welt, das sogenannte achte Weltwunder – der Escorial, einen derart großen Eindruck gemacht haben, dass Hans Ulrich und Pietro sich bei der Planung des Schlosses davon inspirieren ließen.

Kloster San Lorenzo de El Escorial

Kloster San Lorenzo de El Escorial,
erbaut von Juan de Herera
und Juan Bautista de Toledo,
1563-1584, Kupferstich
von Pierre Perret, 1589

Schloss Eggenberg, Graz, Kupferstich

Schloss Eggenberg,
Graz, Kupferstich
von Georg Matthäus Vischer,
1681

Die Architektur von Schloss Eggenberg sollte gemäß den Vorstellungen des Bauherrn das Universum widerspiegeln, wobei die Zahlensymbolik eine große Rolle spielte: Die Ecktürme sind nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet, wobei die Zahl vier auch für die vier Jahreszeiten und die vier Elemente steht. Die Anordnung der Räumlichkeiten und Fenster orientiert sich am Kalender, der nach der Kalenderreform 1582 durch Papst Gregor XIII. in Europa und später auf der ganzen Welt gültig wurde. Es gibt also insgesamt 365 Außenfenster für die Tage im Jahr, in der Beletage sind es 52 Fenster für die Wochen eines Jahres. Auf jedem Stockwerk befinden sich 31 Räume, entsprechend der maximalen Anzahl von Tagen im Monat, und es gibt 24 Prunkräume, den Stunden eines Tages zugeordnet.

Heute ist Schloss Eggenberg mit dem einmaligen Park und seinen singenden Pfauen Weltkulturerbe der UNESCO und beherbergt Sammlungen des Universalmuseums Joanneum, wo viele Werke Pietros zu besichtigen sind.

Katharinen-Kirche und Mausoleum für Kaiser Ferdinand II. in Graz
Die größte Auszeichnung, die Pietro in seinem Leben erfuhr, war zweifellos der Auftrag, für Erzherzog Ferdinand eine Kirche mit Mausoleum zu errichten.

Katharinen-Kirche mit Mausoleum für Kaiser Ferdinand II. in
Graz, erbaut 1615-1637

Giovanni Pietro de Pomis,
Katharinen-Kirche mit
Mausoleum für Kaiser Ferdinand II.
in Graz,
erbaut 1615-1637,
vollendet 1714

Die Kirche steht in der Mitte zwischen dem Dom, links, und dem Mausoleum mit der Kuppel, rechts.

Pietros Idee für diese Architekturkomposition aus Kirche und Mausoleum war sensationell, denn es war das erste Mal, dass nördlich der Alpen eine Kuppel mit ovalem Grundriss gebaut wurde. Obwohl es für ovale Kuppeln in der römischen Architektur Vorbilder gab, die Pietro sicher kannte, lässt sich diese Kuppel auch als eine Hommagean den damals aus Graz vertriebenen Mathematiker und Astronomen Johannes Kepler verstehen. Denn erst dank Kepler wurde die Berechnung und Konstruktion einer derart extremen Ellipse möglich. Die Cupola Imperiale, die kaiserliche Kuppel, erregte daher großes Aufsehen.

Plan von Pietro de Pomis, 1614

Aufriss der Katharinen-Kirche
und des Mausoleums in Graz,
Plan von Pietro de Pomis, 1614

Aus: K. Woisetschläger,
Der innerösterrreichische
Hofkünstler Giovanni Pietro
de Pomis
1569 bis 1633

Nach der Wahl Erzherzog Ferdinands zum Kaiser im Jahre 1619 änderte Pietro die Fassade und verlieh ihr den Charakter eines Triumphbogens. Er leitete den Bau bis zu seinem Tod 1633, seine alten Freunde Pietro Valnegro und Antonio Pozzo sowie der Bildhauer Hans Mamolo, der die Figuren an der Fassade schuf, setzten die Arbeiten fort. Der Mausoleumsbau wurde – zumindest außen - rechtzeitig zur Beisetzung des Kaisers im Jahre 1637 fertig. Ferdinand II. wurde in der unterirdischen Gruft neben seiner ersten Gattin Maria Anna bestattet, die bereits 1616 verstorben war.

Die Kirche und das Mausoleum sind UNESCO-Weltkulturerbe.

Familie und Freunde

1595 heiratete Pietro in Innsbruck Anna Judith Demoyen, die Tochter des niederländischen Hof-Tapezierermeisters, mit der er 13 Kinder hatte. Sechs von ihnen verstarben jung, seine zwei Söhne Johann Baptist und Johann Nikolaus fielen später in den Türkenkriegen. Der Sohn Niklaus war mehrmals in Raufhändel verwickelt, dank Pietros Freund Ulrich von Eggenberg kam es jedoch zu keiner Anklage. Drei der vier Töchter, Johanna, Catharina und Maxentia, heirateten in den gehobenen Grazer Bürgerstand ein.

1623 wurde Pietro von Kaiser Ferdinand II. geadelt und erhielt den Titel Giovanni Pietro de Pomis von Treuberg.

Zu seinem Freundeskreis gehörten der Hofbaupolier Pietro Valnegro, der Stuckateur Matteo Camin, die Bildhauer Philiberto Pacobello und Hans Mamolo aus der Familie Marmori, fast alle aus dem Val d'Intelvi. Aber auch adelige Damen und Herren waren zu Gast in Pietros Haus, darunter der Hauptmann von Fiume (heute Rijeka, Kroatien), Baron della Rovere, und der Hauptmann von Görz (heute Gorizia, Italien), Johann Graf von Porcia.

Pietros Verhältnis zu Ferdinand, der ihn mein lieber Maler nannte, war sehr eng. Der Kaiser hielt ihm auch von Wien aus die Stange gegenüber dem Grazer Kammeramt, das Pietro nicht wohlgesonnen war und ihn sogar wegen Betruges anklagte. Pietro hatte oft Geldprobleme, weil die Zahlungen des Kammeramts, wie mit Absicht, nur sehr zögerlich erfolgten. Mit einem Jahreseinkommen von etwa 800 Gulden und großzügigen Gnadengaben des Kaisers war Pietro einer der bestbezahlten Künstler seiner Zeit. Seine schlechte Gesundheit erlaubte es ihm leider nicht mehr, sein Landhaus in Fiume/Rijeka als Alterssitz zu genießen.

Bestattet wurde Pietro de Pomis im März 1633 in einer Gruft vor dem Hauptaltar der Kirche Mariahilf in Graz. Zu seinem Andenken wurde diese Tafel mit einem etwas pathetischen lateinischen Nachruf angebracht, in dem er mit dem Hofmaler Alexanders des Großen, Apelles, verglichen wird.

Marmortafel mit Nachruf auf Pietro de Pomis, 1881

Kirche Mariahilf in Graz,
Marmortafel mit Nachruf
auf Pietro de Pomis, 1881

Literatur

Links


© E. Mitterhuber 2015

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