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Carlo Maderno
Architekt | |
geb. ca. 1556 | Capolago |
(Vater: Paolo; Mutter: Caterina Fontana; Onkel: Domenico Fontana) °° I. Elisabetta Mariottini °° II. Angela Calina °° III. Elisabetta Malucci |
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gest. 31. Jan. 1629 | Rom |
Portrait: Carlo Maderno
Ausschnitt aus dem Ölgemälde eines unbekannten Malers, Anfang 17. Jh., Sammlung der Stadt Lugano (CH)
Mit freundlicher Genehmigung des Fotoarchivs des Kulturamts der Stadt Lugano
Carlo Maderno war Architekt in Rom. Er beschäftigte sich vorwiegend mit Plänen für Kirchen und Paläste, aber auch für Brunnen und Skulpturen. Sein bekanntestes Werk ist die Fassade des Petersdoms in Rom, die anlässlich der Wahl des neuen Papstes Franziskus I. in allen Medien zu sehen war.
Carlo Maderno, Fassade des Petersdoms in Rom. Rechts der von Domenico Fontana aufgerichtete Obelisk, dahinter, über den Kolonnaden, der Vatikanpalast
Ausbildung
Als 20-jähriger begab sich Carlo Maderno 1576 nach Rom und erhielt bei seinem Onkel Domenico Fontana Unterricht im Zeichnen und in der Bildhauerei. Seine Vorliebe galt aber bald der Architektur und er hatte das Glück, dem Onkel bei der Ausführung größerer Projekte behilflich zu sein: Lateranspalast und Kirche San Giovanni in Laterano, das Kollegiengebäude der Universität (Palazzo della Sapienza), den Mosesbrunnen und - hier waren besonders Kenntnisse im Ingenieurwesen gefordert - die Aufrichtung des Obelisken vor der Peterskirche.
1588 wurde er, zusammen mit seinen vier jüngeren Brüdern Pompeo, Alessandro, Girolamo und Santino, römischer Bürger. Ab 1592, als sein Onkel nach Neapel ging, musste er auf eigenen Füssen stehen, machte sich
aber dank seiner in der Praxis erworbenen Fähigkeiten und einem guten Organisationstalent rasch einen Namen. Seine wichtigsten Arbeitgeber waren die römischen Bischöfe und der Papst, später auch die Adeligen, die
miteinander um die prunkvollsten Paläste wetteiferten.
Kirche Santa Susanna
Madernos erster Auftrag war der Umbau einer alten Kirche, Santa Susanna, die aus dem Jahre 796 stammte. Die von ihm entworfene Fassade sollte zum Vorbild für viele Barockkirchen in Deutschland, Österreich, Tschechien und Polen werden.
Das Besondere daran ist die dynamische Gliederung mit Doppelsäulen, flachen Pilastern, vorspringenden Gesimsen, Figuren und schwungvollen Ornamenten, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen. Je nach Einfall der Sonnenstrahlen ergeben sich dabei immer neue, überraschende Effekte von Licht und Schatten.
Ein Beispiel für eine von ihm inspirierte Barockfassade nördlich der Alpen ist die Theatinerkirche in München (D). Fast alle Architekten und Künstler, die unter der Leitung von Enrico Zuccalli an ihrem Bau beteiligt waren, kamen aus der italienischen Schweiz.
Petersdom
Nach dem Tod des Bauleiters der Peterskirche, Giacomo della Porta aus Porlezza (I) am Luganersee, wurde Carlo Maderno 1602 von Papst Clemens VIII. zu dessen Nachfolger ernannt. Bereits seit mehr als hundert Jahren war der Petersplatz eine riesige Baustelle: Die alte Basilika aus der Zeit Konstantins des Großen (4. Jh.) wurde Stück für Stück abgerissen und durch einen gewaltigen Dom ersetzt. Zuerst wollte Papst Julius II. einen quadratischen Zentralbau mit Kuppel, wofür Bramante und Michelangelo Projekte vorlegten; dann aber wurde entschieden, ein Langhaus anzufügen.
Kein Wunder verschlang dieses monumentale Projekt riesige Summen, die als "Peterspfennig" den Gläubigen in der ganzen Welt abverlangt wurden - oft als "Ablass" zur Vergebung der Sünden getarnt.
Doch zurück zu Maderno. Ihm fiel die Aufgabe zu, das am Konzil von Trient 1545-63 entwickelte Konzept für künftige Kirchenbauten, nämlich in Form eines lang gestreckten Kreuzes, auch für St. Peter in die Tat umzusetzen. Ein Vorbild gab es in Rom bereits: Il Gesù, die Mutterkirche der Jesuiten, deren Grundriss Maderno abwandelte.
1607-12 baute Maderno also ein dreischiffiges Langhaus an den Zentralbau von St. Peter an und versah es mit einer Fassade. Diese sollte nach dem Entwurf von Bernini 1631 noch zwei Seitentürme erhalten, was aber nicht ausgeführt wurde. Dennoch ist seine Idee einer zentralen Kuppel, eingerahmt von zwei Türmen rechts und links der Fassade, zu einem Lieblingsmotiv von Barockkirchen geworden, zum Beispiel für St. Paul in London, die Karlskirche in Wien oder die oben erwähnte Theatinerkirche in München.
Kirche Sant'Andrea della Valle, 1608-1622
Hier zeigte Maderno sein Können vor allem in der Innenausstattung. Die Kuppel ist die zweitgrößte nach dem Petersdom.
Kuppel der Kirche
Sant'Andrea della Valle, Rom
Entwurf und Bau:
Carlo Maderno, 1608-22
Kuppelfresko:
Giovanni Lanfranco,
Mariä Himmelfahrt, 1622-28
Darunter
Die vier Evangelisten
von Domenichino, 1621-28
Paläste
Die Absicht, Rom als Zentrum der Christenheit zu präsentieren, hatte nicht nur den Bau von immer schöneren und größeren Kirchen zur Folge, sondern auch von Palästen, Treppen und Brunnen als prächtige Kulisse für liturgische Feiern und Prozessionen. Bereits Papst Sixtus V. (1585-90) hatte die Idee, die sieben Hügel der Stadt durch gerade Straßen so zu verbinden, dass sie einen Stern bildeten. Plätze mit Obelisken, Brunnen, Innenhöfen und Loggien sollten die strengen Straßenzüge auflockern. Während eines Jahrhunderts wurde dieser Plan mit enormem Aufwand an Geld und Arbeitskräften verwirklicht.
Besonders kolossale Ausmaße erlangte der Palastbau ab etwa 1600, denn auch die Adeligen wollten ihre Macht gebührend zur Geltung bringen.
Quirinalspalast
Zu dem ab 1583 von Domenico Fontana erbauten Sommersitz der Päpste und heutigen Residenz des italienischen Staatsoberhaupts trug Maderno einige Erweiterungen bei.
Quirinalspalast in Rom, Fassade von Madernos Onkel Domenico Fontana
Zum Beispiel diesen reich geschmückten Saal, Salone dei Corazzieri, in dem Empfänge stattfinden.
Oder die für Papst Paul V. erbaute Kapelle, die in ihren Ausmassen der Sixtinischen Kapelle im Vatikan entspricht und heute vor allem als Konzertsaal dient.
Palazzo Mattei
Eigentlich handelt es sich um mehrere, durch Innenhöfe und Loggien miteinander verbundene Gebäude. Auftraggeber war Asdrubale Mattei, Herzog von Giove, aus der damals sehr einflussreichen Familie Mattei, die mit den Gonzaga in Mantua verwandt war.
Madernos Fassaden sind nicht mehr so düster und streng wie bisher, sondern reich gegliedert und mit Reliefs, Ornamenten, Medaillons und Skulpturen aufgelockert.
Seit 1938 gehört der Gebäudekomplex dem italienischen Staat und beherbergt heute mehrere Abteilungen des Kulturministeriums, darunter das Amt für Denkmalschutz und das Institut für moderne und zeitgenössische Geschichte.
Bis zu seinem Tod 1629 blieb Maderno der führende Architekt in Rom und war an vielen Projekten beteiligt (Paläste Barberini, Borghese, Chigi, Villa Aldobrandini und viele andere).
Doch es sollte nicht mehr lange dauern, bis dieser Bauboom in Rom zu Ende ging. Ein letztes Aufflackern waren die kühnen, phantasievoll geschwungenen Bauten seines Schülers Francesco Borromini (1599-1667). Denn mit dem 30-jährigen Krieg und dem Westfälischen Frieden von 1648 verlor die katholische Kirche an Einfluss, die Spendenfreudigkeit versiegte, und die Bautätigkeit verlagerte sich nördlich der Alpen, nach Frankreich, Deutschland, Österreich, Tschechien, Polen und Russland.
Ein erstes Anzeichen dafür war die Einladung des französischen Königs an Carlo Maderno, nach Paris zu kommen, was er jedoch altershalber ausschlagen musste. Bei Johann Caspar Füsslin lesen wir dazu in seiner
Geschichte der besten Künstler der Schweiz (Zürich 1769-74): Frankreich, Spanien und die vornehmsten Städte Italiens unternahmen keine öffentlichen Hauptgebäude, wenn nicht Maderno die Zeichnung verfertigt hatte. Und so
verbreitete sich Ehre und Reichtum über unsern Künstler. Kein Unglück nahte sich ihm eine Zeit lang: Zuletzt musste er wie andre das Los der Menschheit fühlen; ein fürchterlicher Steinschmerz bemächtigte sich seiner, machte ihm
sein ruhmvolles Leben bitter, und brachte ihm endlich den Tod den 30. Jenner im Jahre 1629. Er fand seine Ruhestätte in der Kirche St. Giovanni dei Fiorentini.
Literatur
- Hibbard H.: Carlo Maderno and Roman Architecture 1580–1630, London 1971
Italienische Ausgabe: Hibbard H. (a cura di A. Scotti Tosini), Milano 2001
Mit aktualisiertem Werkverzeichnis - Portoghesi, P.: Roma barocca, Laterza, Rom 1998
- Wittkower, R.: Art and Architecture in Italy, 1600-1750, Penguin 1958
Italienische Ausgabe: Arte e Architettura in Italia, 1600-1750, Einaudi, Turin 1993 - Ausführliche Literaturverzeichnisse finden Sie unter:
- it.Wikipedia, Carlo Maderno
- Carlo Maderno (Treccani)
Film
- Adriano Kestenholz: Carlo Maderno: L'emergenza del barocco
Prod. Aleph Film / RTSI (CH), 2004
Links
- Carlo Maderno
- Kirche Santa Susanna
- Petersdom
- Kirche Sant'Andrea della Valle
- Quirinalspalast
- Palazzo Mattei
- Villa Aldobrandini
- Basilika S. Giovanni dei Fiorentini
© U. Stevens 2013